Inspiriert vom Messegeschehen der Hamburger Motorradtage 2011 machten wir „Reisepläne“. Henning und ich malten die Idee einer Motorradreise in den USA aus. Ziel war der Süd-Westen der Staaten, mit seinen bekannten Nationalparks, den Sehenswürdigkeiten und einem Stück der Route 66.
Selbst organisieren, oder sich einer Reisegruppe anschließen? Wir entschieden uns für den Veranstalter „US-Motorradreisen“.
Es fand sich eine überschaubare Gruppe von 4 Teilnehmern. Zielflughafen, Ausgangsort und Schlusspunkt der Tour war San Francisco. Die eigentliche Motorradreise umfasste 12 Tages-Etappen mit insgesamt 4300 km.
Es war eine geführte Tour. Damit war es für uns Teilnehmer sehr bequem. Wer noch nie in den USA war und ggf. über wenige Englischkenntnisse verfügt sowie Rundumservice möchte, ist mit einem professionellen Angebot gut bedient.
Für Biker mit einiger Auslandserfahrung, mittleren Englisch-kenntnissen, Orientierungssinn und Organisationstalent wäre es aber auch kein Problem, eine solche Tour mit einem Hauch von Abenteuer selbst unter die Räder zu nehmen.
Als Motorrad-Vermieter vor Ort können wir Eagle-Raider uneingeschränkt empfehlen. Die Harleys waren relativ neu, durchweg in Ordnung und sind die 2500 Meilen völlig problemlos gelaufen. Die „Best-Western-Hotels“ bieten einen sehr guten Standard.
Anreise:
Früh morgens am 6. Juni 2012 fliegen von Hamburg ab. Nach mehr als 12 Stunden Flugzeit mit Stop-Over in London-Heathrow sowie der aufwändigen, amerikanischen Einreiseprozedur kommen wir in San Franzisco an. Dirk und Heino, unsere Tourguides holen uns mit dem Mietwagen am Airport ab. Nach gut ½ Stunde Fahrt erreichen wir die City an der Seventh Street, Downtown und checken im Best Western-Hotel ein. Nun heißt es erst mal, sich etwas akklimatisieren, die Zeitverschiebung zu verdauen und schon ein wenig die Stadt erkunden.
Wir fahren mit den nostalgischen Cablecars, die als Touristenattraktion erhalten werden und gleichzeitig auch Bestandteil des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) sind. Ein Citypass ist im Reisepreis inbegriffen und ermöglicht uns, alle öffentlichen Verkehrsmittel und manche touristische Einrichtungen kostenlos zu nutzen. Auf dem Weg zum weltbekannten Fisherman´s Wharf bekämpften wir unseren Time-Leg erst einmal mit einem lokalen Bier.
Als Eingeborene einer europäischen Biertrinkernation müssen wir im Ausland ja zuerst die Qualität der örtlichen Brauereierzeugnisse feststellen. Kurz gesagt: Das amerikanische Bier kommt in interessanten Geschmacksrichtungen aus dem Zapfhahn und ist durchweg trinkbar. Am besten immer ein „lokal Beer“ bestellen. Das erweitert deine Kenntnisse über internationale Bierkultur und ist „schaumlos und gut“. Toni´s-Mega Breakfast bietet ein typisches, amerikanisches Frühstück with scrambled eggs, toast, bacon or ham, jam, fruit, orange-juice and coffee. Gut gesättigt haben wir einen ganzen Tag zur Verfügung, uns die Stadt anzusehen. Mit einem roten Doppelstockbus sind wir hop on - hop off, auf Tour.
Zum touristischen Pflichtprogramm am Pier 39 gehört natürlich auch der Besuch der Sea-Lions. Die unendliche Digital-Knipserei scheint die Tiere zu ermüden und sie liegen deshalb sichtlich geschafft auf der Plattform. Dennoch bemühen sich einige, immer wieder für die massenhaft fotografierenden Touristen pflichtgemäß zu posieren. Nachdem wir auch unsere Kameras entsprechend zum Einsatz gebracht haben – soviel Respekt für die Bemühungen der Tiere ist ja wohl Ehrensache.
Die Rückfahrt erfolgt mit der Straßenbahn, diesmal in einem Wagen der nostalgischen Kategorie. Es rumpelt und quietscht, als sei man in Prag zu Beginn der neunziger Jahre unterwegs. Die Amerikaner ver-stehen es meisterhaft, alten Kram als besonders touristisches Flair zu vermarkten. Alte Straßenbahn-wagen werden aufgekauft; um deren unrühmliches Ende in einer Schrottpresse zu verhindern. Diese werden restauriert, herausgeputzt und dann zur Freude der Touristen als Bestandteil des ÖPNV in San Franzisco auf der F-Line eingesetzt.
Der nächste Tag beginnt bei Loris Diner mit einem ausgiebigen amerikanischen Frühstück. Union Square, mit vielen Geschäften namhafter Marken. Chinatown ist so bunt, wie man es erwarten kann. Neben dem amerikanischen pflegen die Menschen ihre alte Kultur und auch ihr Chinesisch. Gleich nebenan sind wir in Little Italy und sehen um die Mittagszeit (bitte die Zeitverschiebung bedenken) bei einem Espresso die Schlussphase vom Europa-meisterschaftsspiel Russland-Tschechien (4:2).
Ich komme nicht umhin, etwas zur sozialen Situation der Menschen in SF anzumerken. Unser Hotel liegt Down-Town und grenzt an „Tenderloin“, welcher als „Problemstadtteil“ gilt. Auf den Straßen sehen wir viele sozial randständig lebende Menschen, offensichtlich Drogenabhängige, Obdachlose und auf andere Weise Ausgegrenzte. Manche haben ihre „gesamte Habe“ in einem Einkaufwagen dabei. Auf Fotos verzichte ich aus guten Gründen.
Wir besuchen die Lombardstreet, den Coit-Tower und benutzen mehrmals die Cable Cars, welche ebenfalls zum regulären Nachverkehrsmittel zählen. Auf dem Rückweg erleben wir eine sehr authentische Black-Blues-Band auf der Straße. Die 3 Männer wirken mittelamerikanisch. Ihre Musik, eine Mischung aus Blues und Ragee ist gut. Ich hätte noch länger zuhören können.
Mit der Harley auf Traumstraßen:
Am vierten Tag beginnt die Tour. Zur Eingewöhnung soll es heute bei etwa 197 Km bleiben;
San Francisco-Monteray.
Zuerst übernehmen wir gegen Mittag bei Eagle-Rider unsere Harley-Davidson-Motorräder. Dieses dauert eine Weile und da vorher noch keiner von uns wirklich Harley gefahren ist, wird uns alles ausgiebig erläutert. Ein bisschen Aufregung hat doch jeder von uns in sich, aber nach außen bleiben wir cool. Dann hat schließlich jeder von uns sein Bike für die nächsten 12 Tage.
Nun heißt es auf dem bequemen Sattel Platz nehmen und etwas Gefühl für das schwere Bike zu bekommen. Etwas ausbalancieren und mal an allen Hebeln ziehen, Spiegel ausrichten, usw. Die Technik des Zündschalters gefällt mir. Einmal entriegelt, kann der Schlüssel wieder abgezogen werden. Da kann nichts verloren gehen, wenn der Twin-Cam dich durchschüttelt. Mit dem Druck auf den Starterknopf beginnt der 1700er Motor (103 Cubic-inch) polternd seine Arbeit und läuft Harley-mäßig, leicht schüttelnd, doch sauber im Leerlauf. Die Kupplung geht butterweich, die Schaltwippe verlangt jeweils einen kräftigen Tritt nach vorne oder mit der Hacke nach unten und unüberhörbar rasten die Gänge des 6-Gang-Getriebes ein. Der Motor zieht erwartungsgemäß kräftig von unten raus. Wir fahren ohne weitere Probefahrt direkt los auf den Highway und jeder macht sich dann auf seine Weise mit der Maschine vertraut. Ich habe mich recht schnell mit „meiner Harley“ angefreundet. Die Charakteristik ist natürlich völlig anders, als ich´s vom japanischen Vierzylinder gewohnt bin. Es erübrigt sich, mehr darüber zu schreiben, man muss es erleben. Die amerikanische Fahrweise unterscheidet sich ja bekanntlich auch von der europäischen und so passt die Harley eben gut zu Amerika.
Vorbei am Surf-Mekka Half-Moon-Bay über San Mateo und Santa Cruz haben wir rechts fast immer den Pazifik im Blick. Es ist sonnig, zum Glück kein Nebel, welcher hier ja so häufig vorkommt. Jedoch bläst ein recht kühler Westwind von rechts und versorgt uns mit frischer Seeluft. Es erweist sich als richtig, dass wir vorsorglich jeweils das Futter in unsere Monturen eingezogen haben. Da das Wetter gut, also nebelfrei ist, machen wir einen Abstecher in das Landesinnerne und besuchen den „State-Park“ mit den Big Bassin Redwoods. Mit für hiesige Verhältnisse reichlich Kehren führt die Strecke durch eine hügelige Waldlandschaft. Zur Harley passend tragen wir offene Jet-Helme, sodass der Fahrtwind mit einem kräftigen Duft von Kiefern, Akazien und Eukalyptus ungefiltert unsere mit Sonnencreme geschützten Nasen erreicht.
Hinsichtlich „Kurvenrisiken“ neigen die Amis allerdings zu einer Überinterpretation und bremsen uns vor jeder noch so geringen Kehre mit so drastischen „Speed-Limits“ aus, über die man bei uns nur den Kopf schütteln würde. Ich möchte gerne etwas flotter um´s Eck, was mit der Harley auch überraschend gut geht. Jedoch sollte man sich in den USA tunlichst an die vorgeschriebenen Höchstgeschwindigkeiten halten. Ein Ticket kann teuer werden und das will man ja schließlich nicht unbedingt riskieren.Teilweise befahren wir hier bessere Waldwege und kommen so sehr dicht an die beeindruckenden, großen Redwoods heran. Durch diesen sehr lohnenswerten Abstecher sind wir etwas in Zeitverzug geraten. Detlef hat schon nervös einen Tankstopp angemahnt (offensichtlich hat seine „Heritage-Softail“ einen etwas höheren Spritverbrauch, oder einen kleineren Tank als unsere „Road-Kings“) Zurück auf dem Highway 1 geben etwas mehr Gas. Die erlaubten 65 Meilen werden voll ausgenutzt – manchmal auch mit etwas Zuschlag. Mir gefällt´s.
In Monteray finden wir unser Hotel nach dem zweiten Anlauf. Das Abendessen im „Black-Bear-Diner“ gleich nebenan ist gut und reichlich. Der Grundsatz des Hauses, seinen Gästen stets gut gefüllte Teller mit kalorienreicher, ortsüblicher Ernährungskultur zu garantieren, scheint auch vom Körperbau der Servicekräfte unter Beweis gestellt zu werden. Im Hotel treffen wir später auf eine Bikertruppe aus Los Angeles. Jesse und seine Gang sind gut drauf und so wird´s ein lustiger, deutsch-amerikanischer Bikerabend. Bis gegen 23:30 Uhr ein freundlicher Cop vorbeikommt und um Nachtruhe bittet.
Monteray – Arroyo Grande
Die Biker aus Los Angeles starten sehr früh morgens und wecken uns mit den bollernden Harleys. Unsere Bikes sind über Nacht geflaggt. Dirk, unser Tourguide, hat an jeder Maschine die „Landesflagge“ des jeweiligen Fahrers befestigt.
Morgens entwickelt sich dann eine der köstlichsten Reise-Anekdoten. Die Seilschlösser sind manchmal etwas fummelig zu öffnen. Detlef bekommt sein Schloss nicht auf. Auch die hilfsbereite Unterstützung der Biker aus LA bringt keinen Erfolg. Sollten wir nun etwa ein Schloss knacken müssen? Oliver versucht sich nun an seinem Motorrad und hat die gleichen Probleme. Auf die einfachste Lösung kommt man ja oftmals zu Letzt: Die Beiden haben im Hotelzimmer die Schlüssel vertauscht. Humor ist, wenn man über sich selbst lachen kann. Der Tag muss einfach gut werden.
Wir bleiben an diesem Tag auf der CA 1 in Küstennähe. Links trockene, braune Hügel, rechts die Pazifikküste. Tiefblaues Wasser bricht sich mit weißen Schaumkronen an den zahlreichen Felsen oder läuft den Strand hinauf. Am Horizont trifft sich das Blau des Meeres mit dem ebenso tiefblauen Himmel. Dazwischen ist eine graue Schicht See-Nebel auszumachen, der bisweilen in dünnen Schwaden die Hügel der Küste hinauf streicht und den sonnigen Tag streckenweise erheblich abkühlt. So haben wir ständig wechselnde Temperaturen, je nach Höhenlage, Windrichtung oder Küstennähe. Genüsslich kurven wir die Küste entlang, durchqueren kleine Waldstücke sowie immer wieder kleinere Ortschaften. Eine wirklich schöne Strecke zum Motorrad fahren; allerdings auch wieder mit den besagten Geschwindigkeitsbegrenzungen für „gefährliche Kurven“.
Ein beliebtes Fotomotiv ist die Rocky-Creek-Brigde. Ab Morro Bay biegen wir in´s Landesinnere ab. Schon gegen 15:00 Uhr erreichen wir heute unser Hotel in Arroyo Grande. Genug Zeit für einen entspannten Abend. Das Abendessen ist gut und schon mexikanisch geprägt. Ich beschränke mich auf ein Glas guten kalifornischen Wein zum Essen. Wasser gibt es ohnehin genug zu trinken. Der nächste Tag wird lang.
Richtung Mojave Wüste - Arroyo Grande – Barstow
Zuerst folgen wir noch über 15 Meilen dem Highway 101 South, dann biegen wir links ab auf die 166 East. Ab hier fahren wir nun ein Stück ohne Tourguide. Wir nennen es zukünftig immer “freie Fahrt“. Die Sonne kommt durch und vertreibt den morgendlichen Hochnebel. Es wird zunehmend wärmer und die hügelige Landschaft noch trockener, als die Küstenregion schon ist. Die Sierra Madre erhebt sich rechts vor uns. Der Los Padres Nationalpark ist bergig, locker bewaldet und bietet viele Kurven. Einige Straßenabschnitte, Flootings, werden in Regenzeiten offensichtlich von Flussläufen überflutet. In einigen Bereichen ist sichtbar vor wenigen Jahren ein Buschfeuer durchgegangen. Verkohlte Bäume überziehen ganze Hügelketten. Einige haben das Feuer offenbar überstanden und stehen im vollen Grün dazwischen. Am Boden entwickelt sich langsam neues Leben. Hinweisschilder auf Schneeräumfahrzeuge und Glatteis erscheinen in dieser heißen und trockenen Gegend sehr unwirklich. Doch im Winter kann es kalt werden und es gibt auch Schnee, erfahren wir später. In der Umgebung von Cuyama sehen wir dann doch nennenswerte Landwirtschaft. Allerdings geht es hier nur mit aufwändiger Bewässerung. Gemüse, Obst, Wein und eine Art Grünschnitt (Klee oder Luzerne) sind zu sehen. In Cuyama treffen wir Dirk und Heino wieder. Nochmals erleichtern wir unsere Monturen, dann geht´s in´s Apach-Valley. Wir fahren wieder allein bis etwa Frazier-Park. Nachfolgend überqueren wir den Tejon-Pass, welcher mit einer Höhe von 1275 Metern und üblicherweise gut ausgebauter Straße aber kaum als Pass zu bemerken ist. Nach dem Tanken erreichen wir in flotter Fahrt über die Interstate 5 und CA 138 East die Mojavewüste. Bei der Ausfahrt Lancaster/Palmdale ist der bekannte, große Flugzeugfriedhof zu sehen. Es geht nun fast immer schnurgerade aus. Rechts und links in der Wüste mit wenigen, trockenen Sträuchern sind doch einige Ansiedlungen zu finden; dazwischen sogar wenige recht schicke und neue Häuser. Wovon leben die Leute hier in dieser Gottverlassenen Gegend? Links am Horizont sehen wir eine große Zahl Windräder, daneben werden über dem Wüstenboden Foto-Voltaik-Anlagen in großem Stil gebaut. Der “Lake Rosamond” und auch der “Mojave-River“ sind völlig trockene, sandige Mulden. Offensichtlich führen sie aber in Regenzeiten reichlich Wasser. An den Spuren im Sand ist dies deutlich zu erkennen.
Nach einer weiteren Rast, wo wir große Trucks und Pick-Ups mit mächtigen Wohnwagen bestaunen können, erreichen wir gegen 17:00 Uhr Barstow, unser heutiges Ziel. Das Hotel liegt zwischen der Interstate 15 North und einer Hauptbahnlinie und ist schnell gefunden. Mit dem obligatorischen Budweiser beenden wir den Tagestörn und ein Bad im Pool tut nach der Tageshitze auch richtig gut. Da es in diesem Ort augenscheinlich kein ordentliches Restaurant gibt, ordern wir einen Pizzaservice und runden den Abend mit Pizza aus der Hand beim Sun Down ab.
Barstow – Kingman
Der Tag beginnt erwartungsgemäß warm. Wir starten sehr früh und begeben uns für die ersten 50 Meilen wieder auf die Interstate um dann bei Ludlow auf die alte Route 66 abzubiegen. In freier Fahrt wieder auf uns allein gestellt, brettern wir durch die endlose Weite.
Links und rechts der Straße sieht man nur jene halbverdorrten Büsche, die manchmal in Westernfilmen vom Sturm durch die Stadt getrieben werden. Schwarzes Lavagestein tritt häufig zu Tage und färbt weite Flächen in der Sandwüste dunkel und gibt auch der südlichen Bergkette der Black Montains ihren Namen. Die alte Straße ist über weite Strecken in einem weniger guten Zustand und wir werden etwas durchgeschüttelt. Trotzdem macht das Fahren in dieser unendlichen Weite Spaß. Einige Meilen vor Amboy ist die Route dann aber überraschend frisch geteert. Hier ist das Wappen der Route 66 neu auf die Straße gemalt. Wir halten und machen Fotos.
Amboy, dieser einsame Ort auf halber Strecke besteht nur aus einer Tankstelle mit Bar.
Roy, der betagte Betreiber, trägt einen Revolver im Hosenbund. Hier draußen ist er weitgehend auf sich allein gestellt und muss sich ggf. verteidigen können. Er hat gerade Besuch vom Sherriff und die beiden plauschen recht entspannt. Doch noch ein bisschen Wild-West-Feeling.
Eine Gruppe Harley-Fahrer trifft von Norden kommend ein und wir kommen in´s Gespräch. Die vier kommen aus Spanien und bereisen die gesamte, alte Route 66 East-West. Wir reisen weiter - auf Straßen bis zum Horizont. Der nächste Treffpunkt ist Essex. Links von der Straße entdecken wir mit Steinen gelegte Schriftzüge. Wir halten und Henning beginnt, den Namen unseres Netbiker-Stammtisches in die Sandböschung zu legen. Ich helfe ihm und so sind wir als „POLAR“ dort in der Wüste verewigt. Ob die wohl noch da liegen? Essex ist dann genau so einsam wie Amboy. Einige halb verfallene Häuser weisen darauf hin, dass es hier auch schon einmal mehr Einwohner gegeben hat. In Needles, der heißesten Stadt der USA überqueren wir den Colorado. Wir suchen eine Tankstelle auf, die uns neben Sprit auch Schatten bietet. Nach dem Tankstopp und kurzer Rast machen wir uns auf den Weg nach Oatman.
Dieser typische Western-Ort ist eine ehemalige Goldgräberstadt und auch heute noch so erhalten. Mit seinen Bretterhäusern diente Oatman schon mehrfach als Kulisse und ist daher auch durch zahlreiche Westernfilme bekannt. Endsprechend touristisch vermarktet findet in fast jedem Haus ein Souvenirladen. Auf der Straße laufen „wilde Esel“ (Borros) herum, betteln die Touristen an oder lassen sich mit ihnen fotografieren. An manchen Tagen wird Mittags eine ebenso legendäre wie alberne Schießerei für die Touristen nachgestellt. Heute aber leider nicht.
Hinter Oatman kurvt die Straße mit einigen Serpentinen über den Sitgreaves-Pass. Dahinter bietet die kleine, historische Tank-und Raststätte wieder reichlich Fotomotive mit alten Autos, welche am Straßenrand oder auf dem Parkplatz wieder einmal geschickt touristisch in Szene gesetzt werden, um so der Route 66 etwas vom Flair der 30 er Jahre zu erhalten.
In dem dann folgenden weiten Tal stehen zwischen den Wüstenbüschen verstreut einige Häuser und Wohnwagen. An der Straße sind immer die dazugehörigen Briefkästen aufgereiht. Wer zum Teufel wohnt hier freiwillig in dieser öden Wüste? Südöstlich in der Ferne, am Rande der Hualapai-Mountains ist so etwas wie ein Zementwerk zu sehen und wir kommen an einem Logistikzentrum vorbei. Vielleicht sind die beiden Unternehmen ein Teil der wirtschaftlichen Grundlage für ein Leben in dieser Gegend. Über die Interstate 40 erreichen wir Kingman.
Kingman – Grand Canyon
Nochmal fahren wir in „freier Fahrt“ ein Stück der alten Route 66. Unterwegs haben wir unsere einzige Begegnung mit einer Klapperschlange. Allerdings liegt diese leider tot auf der Straße; wohl überfahren.
Der „Generalstore Hackberry“ ist ja für seine Kuriositäten fast weltbekannt. Der unterhaltsame Kramladen ist Wundertüte und Visitorcenter in Einem. Kein Route 66-Reisender lässt diesen Laden aus. Wir sehen uns gründlich um. Draußen stehen alte Autos aus verschiedenen Epochen, Gerätschaften, WC-Becken, eine Squaw als Fotopuppe, Firmenschilder, Kuhschädel und vieles mehr. Drinnen ist eine riesige Palette von Souvenirs zu haben. Mit Patches und Fotos haben zahlreiche Besucher aus aller Welt sich neben bekannten Stars aus Musik- und Filmgeschichte verewigt.
In dieser Gegend bewegen wir uns schon in der Hualapai-Indian-Reservation. Dieser Stamm ist dem geneigten Karl-May-Leser sicherlich nicht bekannt, wie viele andere Stämme sicherlich auch. Der nächste Ort, „Peach-Springs“ ist von den „First-Nations“ dieses Stammes (Indianer ist ja auch völlig falsch) bewohnt und so etwas wie ein kommunales Verwaltungszentrum. Ich habe nachgelesen, dass hier früher eine wichtige Station war, um Wasser für die Lokomotiven aufzunehmen. Es muss daher Grundwasser geben, welches mit starken Pumpen gefördert wurde. Heute macht der Ort einen eher trostlosen Eindruck. Einige Meilen später treffen wir auf einen Hualapai, der offensichtlich zu Fuß über viele Meilen zu seinem Dorf unterwegs ist. Kurz darauf sehen wir rechts neben der Straße eine Rinderherde. Vielleicht hat er nur mal nach den Tieren geschaut – und ist dafür einen halben Tag zu Fuß unterwegs. Zeit ist eben relativ.
Auch in Seligman erwartet uns eine Reihe von Western-Kuriositäten. Als Unikat gilt nach wie vor der Barbier “Angel del Gadillo“. Er ist einer der „Route 66-Veteranen“ und Gründer der Assoziation “Historic Route 66“.
Auch sonst ist der Ort voller historischem Krempel. Ein altes Gefängnis, Fahrzeuge, alte landwirtschaftliche Maschinen und Vieles mehr. In einem unaufgeräumten Laden mit angeschlossener Werkstatt findet Oliver noch Patronen, die beutelweise verkauft werden. Ein bisschen „Wild-West“ für Touristen?
- oder noch etwas „herübergerettete“ Wirklichkeit?
Wie lange will der Typ denn noch an dieser Karre herumfummeln?
Etwa 30 Meilen East hinter Seligman wird die Landschaft bergiger, steigt auf etwa 2000 m Höhe an und die Bewaldung nimmt zu. Nach mehr als 3 Tagen Wüstenregion freuen wir uns, endlich wieder Bäume und Grün zu sehen Der Rand des Prescott-National-Forest ist erreicht. Nach einem Stück Interstate 40 East biegen wir in Williams nach Norden auf die N64 ab, Richtung Grand Canyon. An der dortigen Raststätte machen wir Pause. Der Espresso wird mir von einer sehr netten Navajo-Frau serviert. Für mich ist es der erste Kontakt mit einer „Ureinwohnerin“.
Durch den lichten Kiefernwald des Kaibab-National-Forrest erreichen wir erst den Airport, dann unser Hotel in Grand Canyon-Village am South-Rim. Nach dem Einchecken buche ich sogleich einen Rundflug für den nächsten Morgen. Zum Sonnenuntergang fahren wir dann zum South-Rim. Der Anblick des gewaltigen Canyons lässt alle Menschen erst mal still werden. Wir versuchen, die Breite des Canyons einzuschätzen. Mit meinem Tipp zwischen 15 bis 20 Km liege ich durchaus richtig. Es sind hier 16 Km. Die Tiefe beträgt rund 1900 Meter. Insgesamt zieht sich der Canyon über 450 Km durch das Land. Von welchem Ort man auch in den Canyon schaut, man sieht jeweils nur einen Bruchteil davon. Doch schon jeder Ausschnitt zeigt gewaltige Ausdehnungen. Neben vielen Besuchern aus aller Welt stehen wir hinter dem Geländer an der Kante und machen unsere Beobachtungen. Im Farbenspiel von hellgelb, violett, rostrot und schwarz, welches die untergehende Sonne auf die Felsen und in die Schluchten zaubert, werden unzählige Fotos gemacht. Unser Abendessen haben wir vorher in einem Lokal genossen, welches den lustigen Namen „Yippi-ei-o-Steakhouse“ trägt. Das „New-York-Steak“ ist ausgezeichnet, die Bedienung offensichtlich indianisch und sehr nett. Am nächsten Morgen genießen wir das reichhaltigste Frühstücksbuffet in den Best-Western-Hotels auf dieser Reise.
Grand Canyon – Mount Carmel
Vor Sonnenaufgang sind wir wieder am Canyon und machen nochmals viele Fotos in der morgendlichen Farbenpalette der aufgehenden Sonne.
Der Rundflug mit den Grand-Canyon-Airlines zeigt mir später dann einen größeren Ausschnitt von der unendlichen Ausdehnung des Canyons.
Unsere Weiterfahrt geht zuerst noch auf der N 64 durch den Nationalpark, ein Stück am South-Rim entlang, Richtung Osten. Unterwegs besuchen wir die Navajos, respektive eine ihrer Souvenirbuden an der Straße. Hier wird viel „Originales“ angeboten. Handgemachter Schmuck, Ceramik, Dreamcatcher, Pfeile und vieles mehr. Die Preise sind recht happig. Handarbeit muss eben auch einen fairen Preis haben. Es sind total nette Leute. Allerdings sind ihre "Wohnverhältnisse", welche wir später, als wir auf die alte H 89 abgebogen sind, in der Wüste", Painted Desert" sehen, alles andere als komfortabel. Häuser und Wohnwagen stehen verstreut weitab von der Straße. Meistens einige Pick-Up´s davor. Es ist wenig grün zu sehen und für unsere Verhältnisse sehr „unaufgeräumt“. Mittendrin, bei Bittersprings gibt es eine Tankstelle, wo wir uns wieder mit Sprit, einem Kaffee und kühlem Wasser versorgen. Pferde oder andere Haustiere sehen wir an der Strecke selten. Dass man hier überhaupt leben kann? Es ist staubtrocken und sehr heiß; 36 Grad C. Über die Navajo Bridge überqueren wir heute nochmals den Colorado. Wir folgen weiter der alten H 89 und erreichen kurz darauf den Marble Canyon. Auf einer Läge von fast 40 Meilen ragt rechts von uns die sicherlich 1000 Meter hohe, rostrote, monumentale Felswand des Vermilion-Cliffs in den blauen Himmel. Am Ende führen uns einige Serpentinen (endlich mal wieder Kurven) hoch hinauf auf die Nordkante (Northrim) des Grand Canyon. In 2000 Metern Höhe ist es nun angenehm kühl und wir kurven durch den Wald über Jacob Lake und Fredonia nach Kanab.
Zwischen den beiden Orten überqueren wir die Grenze zum Bundesstaat Utah. Fast schlagartig ändert sich die Umgebung. Grüne Wiesen, wie hier, haben wir schon lange nicht mehr gesehen. Der Creek, den wir hier überqueren, führt offensichtlich das dafür notwendige Wasser. Wir durchqueren zusammenhängende Ortschaften mit guter Infrastruktur. Die Häuser wirken gepflegter, als in Arizona. Utah trägt auch den Beinamen: „The Behaivestate“. Mount Carmel, unser heutiger Übernachtungsort, besteht aus dem Hotel, einer Tankstelle und noch einigen, wenigen Häuser sowie einem – Golfplatz. Nachts wird dieser bewässert. Welch eine Dekadenz. Das Restaurant im Hotel wirkt zwar etwas dörflich, (die Gäste auch) bietet jedoch guten Service. Das Oberhaupt der vielköpfigen Mormonenfamilie am Nebentisch behält auch beim Essen seinen weißen Cowboy-Hut auf. Das karierte Hemd steckt in der Blue-Jeans, die Füße in Cowboystiefeln – so als hätte er sich für uns Touristen kostümiert. Nein! Hier ist das echt!
Mount Carmel – Pahrump
Das Frühstück im Hotelrestaurant ist reichhaltig. Mutig bestelle ich mir ein Steak und wähle die Ausführung „1b“. Als dieses dann serviert wird, stellen wir fest, dass „b“ für big steht. Dieses Pork-Steak ist Tellergroß und hätte auch für eine Familie gereicht. Trotz größter Anstrengungen schaffe ich nur die Hälfte. Schließlich sind auch noch Beilagen wie scrambled-eggs, Toast usw. zu bewältigen.
So gestärkt steuern wir Richtung „Zion Nationalpark“. Schon auf dem Weg dorthin ist alles sehr gepflegt. Rotbunter Sandstein kommt in vielen zerklüfteten Formationen vor.
Von Wasser und Wind in Jahrmillionen geformt und geschliffen. Rotbraun ist die Grundfarbe. Sogar der Straßenasphalt ist in diesem Park rotbraun eingefärbt. Helle Gesteinsformationen sind zum Teil großflächig glatt abgeschliffen und bilden lange Seitenwände des Canyons. Manche Spuren könnte man für künstlerische Reliefs halten. Die Straße windet sich in Kurven und Serpentinen durch den Nationalpark. Spaß für´s Bikerherz auf gut 20 Meilen. Über die Interstate 15 verlassen wir das Country Washington und durchqueren den letzten Zipfel am Nord-West-Ende von Arizona. Sogleich wird es wieder heißer und kahler.
Viel Zeit bleibt nicht, dem Staat nochmal Hallo zu sagen, denn ehe wir uns versehen, begrüßt uns das Welcome-Center in Mesquite, Nevada. Den Rest des Tages verbringen wir in diesem US-Staat, wo einzig Glücksspiel, Alkoholverkauf in Supermärkten und Prostitution offiziell erlaubt sind. Die Leuchtreklame wirbt zumindest für Ersteres. Spielautomaten sind in jedem Einkaufzentrum und in mancher Tankstelle zu finden. Im Supermarkt stehen die Regale voll Wein und Hochprozentigem. Produkte, die man im Nachbarstaat verschämt im Liqueur-Store einkaufen muss. Um Anzeichen des „ältesten Gewerbes“ der Welt haben wir uns jedoch nicht gekümmert.
Mit der Einfahrt in´s „Valley of Fire“ verlassen wir die Interstate und fahren anschließend am „Lake Mead“ entlang Richtung Hooverdam. Auch dieser Nationalpark kostet nochmal Eintritt. Wir haben wieder freie Fahrt, bekommen den Lake allerdings erst am Endes der Strecke zu sehen. Auf dem Weg dahin haben wie wieder jede Menge rote, braune und schwarze Felsen in einer von wenigen, trockenen Büschen bedeckten, bergigen Wüste. Der Hinweis, dass hier Jagdgebiet ist, verwundert doch etwas. Welches Wild mag wohl in dieser kargen Trockenheit leben? Die Strecke ist gut und wenig befahren. Dennoch hat man sich an das Speed-Limit zu halten, was aber nicht Alle befolgen. Nun, wer einen schwarzen Lamborghini fährt, glaubt wohl Sonderrechte zu haben.
Zum Hooverdam ist es nun nicht mehr weit. Kurz vorher bekommen wir den Lake denn auch tatsächlich zu sehen und treffen bei Boulder-City unsere Tourguides wieder. Der Hooverdam ist schon beeindruckend und wird als Bauwerk nationaler Bedeutung einerseits entsprechend gesichert sowie gleichzeitig touristisch vermarktet.
Am späten Nachmittag ist Las Vegas erreicht. Doch wir fahren nicht in die Stadt auf den Stripe, sondern nehmen die Blue-Diamond-Road nach Pahrump. Dieser Ort ist Ausgangspunkt für die Fahrt durch das Death Valley am nächsten Tag. Wir wollen dort möglichst früh starten, um vor der größten Tageshitze den Tiefpunkt zu erreichen. Das Hotel ist wieder gut, das Abendessen im Hause auch. So wie es hier üblich ist, zahlen wir immer für den ganzen Tisch in einer Rechnung mit Creditkarte. Dabei wechseln wir uns ab und die Anderen geben demjenigen dann ihren Anteil in bar. So braucht man so gut wie nicht zum Geldautomaten.
Pahrump – Lone Pine
Death Valley! Heute geht´s sehr früh los. Nach dem Tanken ist freie Fahrt angesagt. Wir folgen der N178. Etwa 10 Meilen westlich von Pahrump sind wir wieder im Staat Kalifornien und passieren den Eingang zum Nationalpark Death-Valley.
Der Hinweis: „Next Service-72 Meilen“ erinnert an die zu erwartende Einsamkeit und dass man sich ausreichend mit Wasser und Sprit eingedeckt haben sollte. Die Straße hat über viele Meilen gleichbleibend ca. 5% Gefälle. Es geht immer tiefer hinab. Glaubt man den Tiefpunkt am Ende eines Tales erreicht zu haben, geht die gut ausgebaute Straße danach noch weiter hinunter.
Trotzdem habe ich das Gefühl, dass mit der Geschichte dieses Tales ein Mythos gepflegt wird, um es entsprechend touristisch zu vermarkten. Ca. 1 Million Besucher kommen jährlich hierher, um den „Reiz des Todestales“ auf sich wirken zu lassen. Darunter sollen fast 80 % Deutsche sein. Dennoch; auch bei über 40 Grad Hitze sollte man aus meiner Sicht nicht so einen Film daraus machen. Wer genug Benzin getankt und ausreichend Wasser dabei hat, übersteht die rund 100 Meilen problemlos, stellen wir in unserer Gruppe übereinstimmend fest.
Mit meinen Rukka-Klamotten ohne Outlast-Futter bin ich auch hier wieder richtig angezogen. Wir treffen uns bei Badwater, wo auch am frühen Vormittag schon einige Touristen anzutreffen sind.
Am Rand des ausgetrockneten Salzsees ist noch eine kleine Wasserfläche vorhanden. Es gibt erstaunlicherweise Bienen und Moskitos, die uns sofort umschwirren. Man kann ein Stück auf den Salzsee hinausgehen, ähnlich wie zu Hause an der Nordsee in´s Watt. Der Loop „Artists Area“ führt uns als One-Way ein Stück durch die Schluchten. Eine tolle Strecke, die heftig rauf und runter geht mit netten Kehren und Dips (Senken), bei denen man schon aufpassen muss. Ich gehe davon aus, dass hier sicherlich niemand die Speed-Limits kontrollieren wird und jage die schwere Harley ordentlich um´s Eck. Geht auch ganz gut, nur bei höheren Geschwindigkeiten macht sich die Umlaufmasse des dicken Vorderrades mit seiner Gussfelge stärker bemerkbar. Da muss ich die Road-King schon kräftig in die Schräglage drücken.
Wir verlassen das Tal nordwestwärts über die C190 und es geht erwartungsgemäß ständig bergauf. Auf dem Townes Pass; 4956 ft. ist es dann etwas weniger heiß. Danach folgt Panamint Valley mit einem Salzsee und wieder Temperaturen über 40 Grad C. Richtung Lone Pine steigt man dann erneut höher herauf und 36 Grad C fühlen sich „kühl“ an. Hier stehen zahlreiche Joshua-Trees. Westlich steigen die Berge der Sierra Nevada bis zu 4000 m hoch.
Lone Pine – Mammoth Lake
Am Ostfuß der Sierra Nevada brechen wir nach Norden auf. Bis Bishop geht es auf der Interstate 395 schnell voran. Ein Kaffee bei Starbucks lässt ein Gefühl zunehmender „Zivilisation“ aufkommen. Da wir genug Zeit haben und der Langeweile der Interstate entkommen wollen, schlagen wir einen Bogen ostwärts über die C 6 und C 120 Richtung Mono Lake. Es ist das Land der Shoshonen und Pajut.
Den Mono-Lake erreichen wir um die Mittagszeit. Auch Dieser ist als Nationalpark geschützt und kostet Eintritt. Im Infocenter erfährt man vieles über die erstaunlich reichhaltige Fauna und Flora sowie über die frühere Wassernutzung des Sees. Still liegt die klare Brühe des salz- und kalkhaltigen Wassers in der windstillen Bergregion vor uns. Die sicherlich schon millionenfach fotografierten Kalkgebilde finden sodann auch ihren Platz auf den Speicherkarten unserer Kameras.
Im Westen erheben sich die 4000er der Sierra Nevada. In Schattenlagen sind noch Schneefelder zu sehen. Lichter Wald und weite Grasflächen lösen sich ab. Dazwischen immer wieder kleine und größere Bergseen. Es ist immer wieder die Weite, welche auch hier fasziniert.
Mammoth Lake – Oakhurst
Die Fahrt über den Tioga Pass (3300 Meter)markiert den höchsten Punkt unserer Reise.
Nach individueller, freie Fahrt wollen uns oben auf dem Pass, an der Einfahrt und Mautstelle zum Yosemite Nationalpark treffen. Die Auffahrt zum Pass ist, wie hier fast überall, sehr gut ausgebaut und stellt im Vergleich zu den meisten Alpenpässen überhaupt keine fahrerische Herausforderung dar. Eine durchgezogene Doppellinie zwischen den Fahrstreifen und Speed-Limits vor jeder kleinen Kurve nerven wohl jeden Biker, der sich auf eine Passfahrt freut. Da ich vorne bin (hinter mir die Leute unsere Gruppe und noch eine ganze Reihe weiterer Biker) bestimme ich das Tempo und gehe über die Limits hinaus. Auch von zwei Wohnmobilen lasse ich mir den Spaß nicht verderben und überhole. An der Steigung zeigt mir dann die Harley ihre Grenzen auf. Bei ca. 4500 Upm ist Ende mit Durchzug – da, wo meine Yamaha die zweite Stufe zündet, kommt bei der Harley nichts mehr. Ich muss mittendrin hochschalten, um noch etwas aus dem Drehzahlkeller zu holen. Nur kommt dann das Gewicht mit über 330 Kilo zum Tragen sowie die vergleichsweise bescheidene Motorleistung von weniger als 90 PS. Hier hätte ich nun doch gerne meine XJR (ohne Speed-Limits) gehabt.
Als die Eintrittspreise bezahlt sind, wir uns im frischen Wind auf 3300 Metern Höhe umschauen und Fotos machen, treffen wir auf zwei Polizisten der Highway-Patrol, die mit Ihren BMW-Motorrädern dort stehen. Sie sind sehr nett und suchen das Gespräch mit uns. Einer bietet Dirk unter Polizeikollegen sein Jackenpatch an. Beide tauschen ihre Adressen aus. Der amerikanische Kollege bekommt dann später ein Patch der Polizei Niedersachsen. Nur gut, dass die Cops meine vorherigen Überholmanöver nicht gesehen haben Der Yosemite Nationalpark ist landschaftlich traumhaft. Man braucht den ganzen Tag, um ihn zu durchfahren sowie grandiose Aussichten, schöne Strecken, tiefblaue Seen und dichte Wälder auf sich wirken zu lassen. Begegnungen mit Hirsch, Bär und Kojote sind möglich. Wir hatten das Glück, hier alle drei zu Gesicht zu bekommen. Dass es hier auch die üblichen Geschwindigkeitsbegrenzungen gibt, an die sich auch Alle halten, ist für Biker vielleicht manchmal nervig. Mit 35-45 Meilen durch den Park schleichen und dabei noch bestens ausgebaute Serpentinen zu "erleben" verlangt einiges an Geduld. Am Merced-Creek treffe ich einen amerikanischen Biker, der eine BMW-GS fährt. Wir tauschen uns über den Naturschutz in Amerika und Europa aus. Bevor der Yosemite und die Mammutbäume unter Schutz gestellt wurden, hatten die Amerikaner schon 96 % der großen Sequoias gefällt und deren Holz zu Geld gemacht. Daher äußerte er sich sehr dankbar darüber, dass seine Großväter noch rechtzeitig die Schutzwürdigkeit dieser Natur erkannt hätten. Ob es in Europa auch solche Nationalparks gebe, möchte er wissen. Ja, erkläre ich, aber nicht so große. Er ist sehr zufrieden mit seiner BMW. Die Harley sei dagegen ein Traktor. Lachend einigen wir uns auf „John Deere-Heritage“.
Bevor wir den Park verlassen, fahren Detlef, Oliver und ich zum Glacier-Point hinauf. Wir nehmen eine tolle Serpentinenstrecke über 17 Meilen unter die Räder, die uns bis auf 2200 Meter Höhe führt.Unterwegs können wir dann den Bären auf einer Lichtung, kaum 40 Meter von der Straße entfernt, beobachten und Fotos machen.
Oakhurst – Concord- San Franzisko
An diesem Tag sind wir zunächst die alte Goldgräberstraße durch die westlichen Ausläufer der Sierra Nevada gefahren, haben aber nix mehr von dem gelben Edelmetall gefunden.
Zum Abschluss fahren wir im dichten Verkehr über den 16-spurigen Highway. Wir müssen aufpassen, dass wir zusammenbleiben und im dichten Verkehr unser Führungsfahrzeug nicht verlieren.
Es klappt aber prima und so erreichen wir über Mariposa die Nordseite der Golden Gate Bridge.
Wir kurven den Hügel hinauf zum Aussichtspunkt und haben nochmal Glück mit dem Wetter. Eine tolle Aussicht auf die Brücke und die Stadt San Francisco beschert uns wieder schöne Fotomotive.
Auf dem Rückweg in die Stadt durfte natürlich auch eine Fahrt über die Golden-Gate-Bridge und auf die Twin-Peaks nicht fehlen, bevor wir die Harleys mit etwas Wehmut nach 2500 Meilen pünktlich um 12:00 Uhr ohne Schäden oder Beanstandungen wieder bei Eagle-Rider zurückgeben. Wir haben noch diesen letzten Tag zur freien Verfügung, besuchen ein Shopping-Center in der Market-Street und sehen uns den Golden-Gate-Park an. Der Tag endet dann mit Austern und Lobster am Fisherman´s Wahrf, Pier 39
Heimreise: Nun heißt es endgültig packen und gegen 11:00 Uhr fahren wir zum Airport.Wir verabschieden uns von unseren Tourguides Dirk und Heino, die etwas früher als wir vier fliegen. Unser Abflug ist für 16:00 Uhr vorgesehen, verzögert sich aber wegen technischer Probleme mit dem Flugleitsystem um 3 Stunden. Damit ist dann auch unser Anschlussflug in London weg, wie für viele andere auch. Hier sind daher viele Umbuchungen zu bewältigen und so ergeben sich hier nochmal zwei Stunden Wartezeit.
Hoffentlich klappt es bei dem Durcheinander mit dem Gepäck? Jedoch ist in Hamburg alles da. Die Einreiseprozedur in Deutschland ist, wie gewohnt kurz: Am Zoll noch mal kurz den Reisepass vorzeigen, und wir werden von Kerstin und Reiner in Empfang genommen. Wir sind nach erlebnisreichen Tagen wieder zu Hause.
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