(Du kennst die Anfänge nicht? Klicke auf Teil 2 bzw. Teil 1) Auf der Fähre nach Lesbos wird die griechische Flagge gehisst. Wir haben die Türkei hinter uns gelassen und wie immer am Ende einer Fährfahrt steigt die Spannung, wie es am Ziel wohl aussehen mag. Vom Schiff aus wirkt das Städtchen Mitilini sehr quirlig. Wir müssen aber noch eine Weile warten bis wir in das Gewimmel von Rollern und Motorrädern eintauchen. Zunächst einmal muss der Auflieger, der uns die Ausfahrt von der Fähre blockiert, wieder an eine Zugmaschine gekoppelt werden. In der Enge der Fähre ist das gar nicht so einfach und geschieht mit viel Geschrei und unzähligen P1000838-150x150[1].jpgLeuten, die von allen Seiten ihre Meinung äußern. Eine Meisterleistung des LKW Fahrers es dennoch zu schaffen.
Jetzt geht es zur Grenzpolizei und zum Zoll. Während in der Türkei alles hochmodern vernetzt mit dem Computer ablief, müssen hier ein paar dicke Kladden herhalten, in der die Beamten langsam per Hand die notwendigen Einträge machen. Ein Italiener aus Bozen, der schon beim Entladen des Aufliegers ganz unruhig war, versteht ob so viel Umständlichkeit die Welt nicht mehr und weist mich auf jede noch so kleine, umständliche Handlung hin. Es ist schon dämmrig als wir endlich das Hafengelände verlassen und deshalb begeben wir uns sofort auf die Suche nach einem Quartier. Das ist auch schnell gefunden, ein Problem ist nur die Frage, wo wir einen Platz für die Motorräder finden. Hier steht sage und schreibe an jedem freien Platz ein Roller oder eine Enduro.
Die Türkei war wunderschön und interessant. Aber die Hektik und das pralle Leben hier in Mitilini geben einem doch deutlich mehr das Gefühl im Süden, in der Ägäis angekommen zu sein. Uns gefällt es und offensichtlich auch ganz vielen Türken, die für einen Wochenendbesuch nach Lesbos gekommen sind.
Die nächsten beiden Tage wollen wir es mal etwas ruhiger angehen lassen und nicht ganz so lange Etappen fahren. So machen wir am nächsten Morgen erst mal einen kleinen Stadtbummel, lassen Bernhards Motorradstiefel reparieren und ergänzen unsere doch inzwischen etwas mitgenommene Ausrüstung. Auch heute fallen uns wieder die vielen Roller und Motorräder auf. Während letztere durchweg recht neu sind, sehen die Roller zum Teil abenteuerlich aus.
Danach starten wir zu einer kleinen Tour entlang der Nordküste. Ohne Zeitdruck können wir die Landschaft genießen. Blühende Oleander säumen die Straße und die weißen Wolken am blauen Himmel beleben das Bild. Sie sind übrigens nicht der Grund für die weiß-blaue griechische Flagge. Diese wurde vielmehr von der bayrischen Flagge abgeleitet, als der Bruder von Ludwig II in Griechenland zum König ernannt wurde.
Es ist so farbenfroh, dass wir immer wieder anhalten um Photos zu machen. Während ich diesen Bericht schreibe, ist es draußen grau und kalt. Es schneit. Die Sommerbilder lassen meine Gedanken immer wieder abschweifen und ich bin ständig versucht, viel zu viele Bilder in diesen Beitrag einzubinden. Das würde sicherlich den Rahmen sprengen und deshalb habe ich eine kleine Auswahl in eine eigene Seite ausgelagert.
Abends finden wir eine schöne Unterkunft in der Nähe von Mithimna. Wir sprechen gerade mit der Pensionsbesitzerin als eine KTM driftend in den Garten einbiegt und der Fahrer dann durch einen kurzen Tritt auf die Hinterradbremse das Motorrad auf der Stelle wendet. Danach steigt er ab, schmeißt (das sage ich absichtlich, denn von anlehnen kann man nicht sprechen) das Motorrad gegen einen Baum und kommt auf uns zu. Es ist der Mann der Pensionsbesitzerin und er meint, er würde das immer so machen. Naja, hübsch sah die KTM ja nicht mehr aus und Ständer hatte sie auch keinen. Was bleibt dem armen Mann da übrig?
Nach einem gemütlichen Abend brechen wir am nächsten Morgen früh auf um den "petrified forest" zu suchen, von dem uns jeder erzählt. Ich kenne ähnliches aus Sardinien und fand es dort faszinierend. Um es vorweg zu nehmen: Der auf Lesbos ist noch Größenordnungen besser.
Erst einmal aber fahren wir durch eine wunderschöne Landschaft nach Süden in Richtung Sigri. Es weht ein unglaublich starker Wind, der es auf den Hochflächen schwer macht das Motorrad in der Spur zu halten. Das ist hier wohl normal, denn die Berge sind kahl. Bäume und Sträucher haben sich in die geschützten Oasen in den Tälern zurückgezogen.
Als wir Mittags den versteinerten Wald erreichen, ist es sehr heiß geworden. Sturm, Hitze und die abweisende Landschaft ergeben einen unglaublichen Eindruck. Wir sind fasziniert und gleichzeitig fühlen wir uns wie auf einem fremden Planeten.
Die kleine Wanderung durch das Gebiet der versteinerten Bäume müsste unter diesen Bedingungen eigentlich anstrengend sein. Aber wir sind so begeistert von der Landschaft und den Fossilien, dass wir die Strapaze gar nicht wahrnehmen. Die Bäume sehen so aus, als seien sie gerade erst umgefallen oder abgestorben. Manchmal könnte man glauben, dass noch ein Rest Leben in ihnen steckt. Dabei sind sie seit Millionen von Jahren versteinert.
Inzwischen ist es Nachmittag und wir müssen uns beeilen um nach Mitilini zu kommen. Heute Abend geht es mit der Fähre nach Thessaloniki, von wo Martina morgen wieder nach Hause fliegen wird. Die Strecke bis zum Hafen zieht sich dhin und wir werden schon etwas unruhig. Wahrscheinlich kommen wir "just in time" an, aber dann darf nichts dazwischen kommen. Das tut es aber schon nach den ersten Kilometern. Ich schaue in den Rückspiegel und sehe Bernhard nicht mehr. Seine Motorrad ist einfach so ausgegangen und will nicht mehr anspringen. Nach einer halben Ewigkeit startet sie wieder, aber richtig rund läuft sie im Standgas nicht mehr. Am Hafen dann Entwarnung. Wir sind gerade noch pünktlich, aber weit und breit ist keine Fähre zu sehen. Im Hafenbüro sagt man uns "it's a little late", aber genaues weiß keiner. Alle bleiben gelassen, essen, trinken und plaudern. Das ist das Griechenland, wie ich es von früher kenne. Mit gut zwei Stunden Verspätung kommt die Fähre an und wir richten uns für die Nachtfahrt auf dem Außendeck ein.
Wie immer ist so eine Schifffahrt auf dem Mittelmeer unter einen sternenklaren Himmel ein Erlebnis. Spannend ist auch das Schiff zu erkunden. Es ist eine alte Rostlaube, die an der Außenseite schön richtige Löcher hat und deren Instrumente aussehen, als würden sie noch aus den 1960-zigern stammen. Auch nicht alltäglich: Ein Pferd, das wie ein Auto in der Garage steht und am nächsten Morgen auch genau wie ein solches das Schiff verlässt.
In Thessaloniki trennt sich Jan von uns. Er möchte an den Meteora Klöstern vorbei nach Igoumenitsa fahren und von dort die Fähre nach Bari nehmen um in Italien einen Freund zu besuchen.
Am Abend bringe ich dann noch Martina zum Flughafen und obwohl wir doch eigentlich mitten im Urlaub sind, kommt so etwas wie Rückreisestimmung auf. Am nächsten Morgen ändert sich dann auch noch das Wetter, es wird kalt und regnerisch. Es mag an dieser Stimmung und am Wetter liegen, aber die Strecke von Thessaloniki nach Florina übt keinen besonderen Reiz auf mich aus. Die langen, geraden Straßen wirken lieblos trassiert, die Orte sind nicht gerade hübsch und die flache Gegend bietet auch keine landschaftlichen Reize. Ich bin froh als wir uns der albanischen Grenze nähern und es wieder ins Bergland geht. Wir finden ein paar kleinere Straßen mit tollen Kurven, die Fahrbahn ist trocken und ich gebe der Sertao endlich einmal wieder die Sporen. An einem Pass halte ich an. Wo bleibt bloß Bernhard? Als er endlich auftaucht, sagt er, dass er nur noch ganz wenig Sprit hat und dass Motorrad schlecht läuft. Komisch, so weit sind wir seit der letzten Tankpause doch noch gar nicht gefahren. Wir beschließen, das er schon einmal langsam und spritsparend vorfährt, während ich noch Photos mache und dann schneller nachkomme.
Es ist nett hier in den Bergen und bei schönem Wetter könnte man die Strecke richtig genießen. Heute ist es allerdings recht grau und saukalt. Ich habe die Heizgriffe auf die große Stufe gestellt. Sommer ist was anderes! Dichte grüne Wälder und zugewucherte Seitenstreifen sind Indizien dafür, dass es hier nicht so trocken ist wie an der Küste. Kein Wunder, dass sich Bären und Wölfe in diesen einsamen Bergen wohl fühlen.
Wir haben keine Ahnung, was uns in Albanien erwarten wird. Daher nutzen wir wenige Meter vor der Grenze noch die Möglichkeit in Griechenland zu tanken, auch wenn es auf der anderen Seite billiger sein soll. Mit dieser Entscheidung haben wir ziemliches Glück, denn nach dem Tanken springt Bernhards Motorrad jetzt endgültig nicht mehr an. Da hilft nur noch der ADAC. Nach unendlichen Telefonaten kommt nach ein paar Stunden ein Abschleppwagen und transportiert Bernhard und die Maschine zu einer Werkstatt nach Kastoria. Ob wir sowas wohl auch in Albanien gefunden hätten? Die Garage auf dem Bild ist übrigens die Werkstatt und in der wirkt ein begnadeter Schrauber. Er fährt selbst Motorrad fährt und hat europaweit an Crossrennen teilgenommen. Das Problem ist schnell gefunden. In beiden Vergasern ist ein O-Ring gebrochen. Da er passende O-Ringe nicht da hat, gewinnt er zwei ähnliche aus einer alten Kette. Etwas zu klein, aber schließlich gibt es ja Silikon. So repariert können wir am nächsten Morgen erst einmal weiter fahren. Genial!
Die Zwangspause in Kastoria ist eigentlich sehr schön. Die Stadt liegt an einem See, umgeben von Bergen. Pelikane sonnen sich auf künstlichen Inseln und auf dem Markt gibt es jede Menge Fische zu kaufen. Ich hatte bis dahin von Griechenland immer nur den trockenen Süden oder die verlassenen Landschaften und kleinen Dörfer in den Bergen gesehen. Hier nun eine recht gepflegte Stadt inmitten einer tollen Umgebung zu entdecken, hatte ich nicht erwartet.
Albanien ist ganz anders, als ich mir das vorgestellt habe. Natürlich gibt es noch viele Schotterstrecken, natürlich gleichen viele Orte eher Geisterstädten denn einer modernen europäischen Siedlung. Aber dort, wo gebaut wird, ist der Standard gut und wenn es nach den vielen, auch neuen Mercedes-PKW ginge, könnte man glauben in einem wohlhabenden Land zu sein. Wie auch immer, wir möchten versuchen uns außerhalb der entwickelten Gebiete zu bewegen und wählen kurz hinter der Grenze die SH71, die uns von von Maliq nach Elbasan bringen soll. Schon nach wenigen Kilometern geht sie in eine Schotterpiste über. Es geht durch ein wildes Tal und in der Kombination von Schotter, Lehm und Regen sind die nächsten Kilometer eine kleine Herausforderung. Nach ca. 30 km ist jedoch Schluss damit. Die Straße wird geteert und im Rahmen dieser Arbeiten ist es wohl zu einem Hangrutsch gekommen, der die Strecke unpassierbar macht. Wir müssen zurück fahren und eine andere Route über Pogradec wählen. Eines ist sicher: Albanien ist für jeden Endurofahrer eine Reise wert. Quasi ein Traumziel. Ich werde wiederkommen!
Wir entscheiden uns von, von Pogradec immer am Ohrid See entlang nach Makedonien zu fahren und dann hinter Debar wieder nach Albanien zu wechseln. Ein folgenschwerer Entschluss. Den gesamten Weg am See entlang wird die Straße saniert und ist eine einzige Schlammpiste. Alle Autos, auch die geländegängigen, fahren maximal im Schritttempo. Wir überholen alle und wühlen uns durch den Schlamm. Das kostet Sprit und wohl in Kombination mit der improvisierten Reparatur geht Bernhard der Sprit aus. 150 km statt bislang immer 300 km. Damit haben wir nicht gerechnet und stehen jetzt mitten im Nichts in Makedonien. Ich fahre los um Benzin zu beschaffen, aber weit und breit ist nichts zu bekommen. Allmählich wird es auch bei mir knapp. Entweder lassen wir Bernhards Motorrad jetzt stehen und suchen mit meinem eine Übernachtungsmöglichkeit oder aber wir rufen den ADAC zu Hilfe. Bernhard entscheidet sich für letzteres, da er ohnehin wegen des hohen Verbrauchs nochmal in eine Werkstatt möchte. Hier wird auch schnell die Ursache klar. Das Silikon von der letzten Reparatur hat sich gelöst, aber zum Glück gibt es hier die richtigen O-Ringe.
Ich nutze die Werkstattpause um die Gegend um Ohrid zu erkunden. Hier ist landschaftlich sehr reizvoll und der Galicica Nationalpark ist ein richtiges Kleinod. Unbedingt empfehlenswert.
Als ich mittags nach Ohrid zurück komme, ist Bernhard abfahrbereit und wir machen uns auf den Weg Richtung Albanien. Peshkopi ist unser nächstes Ziel und von dort geht es weiter nach Kukes. Die gesamte Strecke ist ein Motorradrevier vom Feinsten. Die Straße ist neu geteert und Kurve reiht sich an Kurve. Was macht mir eigentlich mehr Spaß? Auf Schotterstraßen und im Schlamm die Geschicklichkeit zu testen oder diese herrliche Straße zu genießen? Beides ist toll und ich bin von Albanien ganz begeistert. Dazu tragen auch die freundlichen Menschen bei. Bei jeder Pause kommt man ins Gespräch und man hat immer das Gefühl unter Freunden zu sein.
Inzwischen kommen wir durch die beiden Reparaturen unter Zeitdruck. Für mich ist es kein Problem ein paar Tage länger unterwegs zu sein, aber für Bernhard schließt sich noch der Familienurlaub an und die Flüge sind gebucht. So beschließen wir noch etwas weiter zu fahren und mit einem Mal setzt die Dämmerung ein. Nirgends etwas zum Übernachten zu finden. Vielleicht 30 km hinter Kukes auf dem Weg nach Shoder kommen wir in einen kleinen Ort, wo wir mehr mit Handzeichen fragen, ob es eine Möglichkeit zum Übernachten gibt. Wie es der Zufall so will, stehen wir direkt vor einem Hotel, dem man das aber nicht wirklich ansieht. Wenn Ihr die Bilder der Zimmer seht, werdet Ihr es auch kaum glauben. Aber es ist ein tolle Stimmung. Der Sohn des Wirtes heiratet und wir bekommen etliche Biere ausgegeben. Bevor es aber soweit ist, werden wir gedrängt die Motorräder ins Haus zu fahren. Keine leichte Übung, immerhin müssen zwei Treppen überwunden werden. Kein Problem für die Sertao, aber Bernhards Maschine ist zu tief und wir müssen sie auf der Veranda stehen lassen.
Am nächsten Morgen geht es über die SH5 weiter nach Shkoder. Eine tolle Gegend und ideal zum Motorradfahren. Unterwegs ein Kuriosum: Ein Moped, dessen Nummernschild aus einem deutschen Nummernschild gebastelt wurde. Das kann ich Euch einfach nicht vorenthalten.
Nach unendlich vielen Kurven erreichen wir die Küste. Hier ist es ganz anders. Viel Verkehr und Hektik, aber auch das beeindruckt. Schade, dass uns jetzt nur noch so wenig Zeit bleibt. Wir müssen heute Abend Dubrovnik erreichen und bis dahin sind es noch gut 200 km auf recht kleinen Straßen. Vorher brauchen wir aber noch eine Pause. Ulcinj kenne ich von früher und es bietet sich für eine Rast an. Hier war schon vor 20 Jahren jede Menge Tourismus, aber jetzt ist es wirklich rappelvoll. Trotzdem ist es schön, die Calamares schmecken lecker und das Bier ist eiskalt.
Ein Kuriosum, von dem ich bislang noch nichts gehört hatte: In Montenegro bezahlt man mit Euro obwohl es doch eigentlich gar kein Euroland ist. Wikipedia bringt die Aufklärung: Das Land hat keine eigene Währung und sich den Euro praktisch selbst genommen!
Weiter geht es über die herrliche Küstenstraße mit Blick auf Meer und Berge. Unterwegs treffen wir einen Supermoto-Fahrer aus Zagreb, der seinen 15-jährigen Sohn dabei hat und ihm das Motorradfahren näher bringen möchte. Ich fühle mich 5 Jahre zurück versetzt, als ich das gleiche mit Jan gemacht habe. Die beiden wollen übrigens nahezu die gleiche Tour fahren wie wir, nur umgekehrt. Nachdem wir ihnen einiges über Albanien erzählt haben, geht es weiter. Vor uns liegt die Bucht von Kotor, ein richtiger Fjord mit steilen Bergen rings herum. Wir verzichten auf die Fährfahrt , die den Fjord überquert und nehmen die Küstenstraße. Ein Blick ist schöner als der andere. Aber es ist auch ziemlich weit, bis wir den Fährhafen auf der anderen Seite erreicht haben. So langsam müssen wir uns nach einer Bleibe für die Nacht umschauen. Zunächst aber einmal ein langer Stau am Grenzübergang bei der Einreise ins Schengen-Gebiet. Wir kommen mit einem schwedischen Pärchen ins Gespräch, die auf ihrer bis oben bepackten GS auch bis Istanbul gefahren waren. Endlich haben die Grenzbeamten ein Einsehen und winken die Motorradfahrer einfach vorbei. Auf einer hervorragend ausgebauten Straße machen wir uns auf die letzten Kilometer an diesem Tag.
Es wird schon dunkel als wir Dubrovnik erreichen. Eine eine tolle Stadt, die sich seit meinem Besuch vor vielleicht zehn Jahren gewaltig verändert hat. Früher war sie eher still, heute laufen hier tausende Touristen aus aller Herren Länder herum. Die gleichen mönströsen Kreuzfahrtschiffe, die man in Venedig oder Istanbul beobachten kann, liegen auch hier im Hafen. Ihren Charme hat die Stadt trotzdem gewahrt. Man kann sich kaum vorstellen, dass vor 20 Jahren ein brutaler Krieg auch vor Dubrovnik nicht halt machte. Wer genau hinschaut, findet allerdings immer wieder Hinweise darauf. Einschüsse in den Natursteinmauern lassen sich nun mal schlecht verbergen und vielleicht ist es auch ganz gut so, dass man immer mal wieder darauf hingewiesen wird, wie schnell Kriegsgeschrei in einer zuvor noch friedlichen Umgebung aufkommen kann. Man muss nur an die Ukraine denken.
Die Stadtmauer ist unbeschreiblich. Aber auch die Innenstadt und der alte Hafen sind Argumente genug für eine Registrierung dieser Stadt als Weltkulturerbe. Einfach nur toll!!
Viel zu früh müssen wir wieder aufbrechen. Die Küstenstraße nach Sibenik ist landschaftlich ein Hightlight der ganzen Tour, aber jetzt in der Hochsaison müssen wir uns an kilometerlangen Staus vorbeiquälen. Vor allem an den beiden Grenzübergängen nach und von Bosnien-Herzegowina steht alles. Dabei ist es unglaublich heiß und der gelegentliche Sprung in die glasklare Adria bringt immer nur für ein paar Minuten Abkühlung.
Für die 280 Kilometer bis Sibenik benötigen wir fast den ganzen Tag. Die ursprünglich geplante Etappe bis Karlobag, gegenüber der Insel Pag ist beim besten Willen nicht zu schaffen. So beschließen wir kurz vor Sibenik zu übernachten und uns am nächsten Morgen zu trennen. Bernhard wird über die Autobahn auf dem schnellsten Weg nach Bonn fahren und ich folge der Adria bis nach Venedig um von dort ins Allgäu zu fahren. Als wir am nächsten Morgen aus den Zelten schauen, ist der Himmel grau und in wenigen Minuten wird es anfangen zu regnen. Wir packen schnell zusammen und brechen auf.
Die Küstenstraße an den kahlen Inseln der Kornaten vorbei ist wie immer beeindruckend. Jetzt im Regen ist die Stimmung allerdings eine ganz andere, als ich sie von den vielen heißen Sommertagen kenne, die ich hier erlebt habe. Das Weiß der Felsen ist einem Grau gewichen, und die sonst so freundlich wirkende Karstlandschaft wirkt bedrohlich. Dabei ist es nasskalt. Ich habe die Heizgriffe an. Nach der Hitze des Vortages ist das ein besonders krasser Wechsel. Dennoch gefällt mir diese Stimmung.
Kurz hinter Karlobag zeigt sich die Sonne wieder. Kaum Verkehr, eine trockene Straße und ich brauche das erste Mal seit Wochen nicht im Rückspiegel zu kontrollieren, ob alle Mann beisammen sind. So komme ich zügig voran und bin schon gegen Mittag kurz vor Rijeka. Ein Grill mit zwei Spanferkeln macht mich auf ein kleines Restaurant aufmerksam und ich beschließe hier eine Rast einzulegen. Auf einer Terrasse mit wunderschönem Blick auf das Meer genieße ich meine Calamares und fahre dann langsam nach Triest weiter. Inzwischen ist es wieder unerträglich heiß und schwül. Das Fahren macht keinen richtigen Spaß und ich beschließe bis Venedig die Autobahn zu nehmen.
Bei einem Tankstopp dann eine unangenehme Überraschung. Gerade als ich den Zapfhahn in den Tank stecken will, sehe ich Qualm aus der linken Packtasche aufsteigen. Sofort hänge ich die Zapfpistole wieder ein und schiebe das Motorrad von der Zapfsäule weg, hinter mir ein schreiender Tankwart mit einem Eimer Wasser. Es geht noch einmal gut. Der Brand kann gelöscht werden, aber die Packtasche ist hin, ein Handtuch ist verbrannt und etliche Ausrüstungsgegenstände sind komplett miteinander verschmolzen. Die Ursache ist schnell gefunden: Der Distanzhalter am glühend heißen Auspuff war abgefallen und die Packtasche hatte sich an ihm entzündet. Da hilft nur eine Notreparatur mit Panzertape. Als Distanzhalter muss ein kleiner Ast herhalten.
Auf dem Campingplatz an der Mündung des Brentakanals baue ich mein Zelt nahe am Ufer der Lagune auf und genieße bei einem Bier den Blick aus der Ferne auf Venedig. Hier war ich erst vor wenigen Wochen wie jedes Jahr an Pfingsten mit dem Paddelboot. Ich bekomme inzwischen schon Rabatt und fühle mich fast wie zu Hause.
Der letzte Urlaubstag beginnt trübe. Es sind bestimmt nicht nur das Wetter und die zerfallenden Pälaste entlang des Brentakanals, die eine melancholische Stimmung aufkommen lassen. Seit einer Woche hat sich unser Team kontinuierlich verkleinert, das näher kommende Urlaubsende war deutlich zu spüren. Normalerweise würde ich von Venedig aus die Gelegenheit nutzen mir noch ein oder zwei Tage am Gardasee oder in den Dolomiten zu gönnen. Jetzt aber zieht es auch mich nach Hause oder besser gesagt, erst einmal zu einem Kurzbesuch bei meiner Mutter ins Allgäu. Jan ist auch auf dem Weg dahin und dann können wir die letzte lange Etappe bis Bonn gemeinsam fahren.
Der Himmel ist wieder klar und schon kurz nach Venedig sieht man in der Ferne die Alpen auftauchen. Schnell ist Trento erreicht und dann geht es auch schon ins Südtirol. Von hier ist es nur noch ein Katzensprung bis Füssen. Als ich pünktlich zum Abendessen eintreffe, sitzt Jan schon da und wir beginnen die Erlebnisse der letzten Tage auszutauschen und schon die nächste Tour zu planen.
Epilog
Wir sind wieder in Bonn. Am nächsten Tag treffe ich Bernhard. Er ist auf der Autobahn gut voran gekommen und hat in Nürnberg übernachtet. Am nächsten Tag fuhr er bei heißem Sommerwetter zügig über die Autobahn weiter. Irgendwann wurde es ihm ziemlich warm unterm Hintern und er fuhr schnell auf den Seitenstreifen. Sofort fingen Sitz und Seitenverkleidung Feuer und brannten ab. Totalschaden. Ein letztes Mal in diesem Urlaub musste er den ADAC rufen, der ihn die letzten hundert Kilometer nach Hause transportierte.
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