
Es ist kühl, sehr (!) kühl, als wir von Bolsterlang / Bayern nach Norditalien aufbrechen. Die Honda Silver Wing FJS 600 haben wir schon gestern Abend auf dem Trailer verzurrt, sodass wir nach dem Frühstück direkt aufbrechen können. Unser Ziel ist Turin. Eigentlich wollten wir dort irgendwo in der Nähe nur eine Zwischenübernachtung auf dem Weg in die Provence machen. Da wir aber wetterbedingt - die Temperaturen näherten sich dem Gefrierpunkt - aus Bolsterlang (Reisebericht Allgäu) vorzeitig vertrieben wurden, können wir jetzt dort noch ein paar Tage dranhängen. Untergekommen sind wir im „Agriturismo la Sforzata“ in Collegno. 24 Grad - Passt gut!
Turin - Stadt der Schokolade
Das Zentrum der Hauptstadt des Piemonts ist vollständig verkehrsberuhigt, sodass wir uns entschließen, der Honda Silver Wing noch etwas Ruhe zu gönnen und mit der Metro zu fahren. Wir haben dabei allerdings übersehen, dass wir in Italien sind. Der Zugang zur Metro ist durch ein Eisengitter versperrt; es wird gestreikt! Palaver, Palaver…., dann schließen wir uns einer kleinen Gruppe Einheimischer an die versuchen wollen, mit dem Zug in die Stadt zu kommen. Einen halbstündigen Fußmarsch später erreichen wir den kleinen Bahnhof von Collegno und haben Glück; der Zug fährt und entlässt uns kurz darauf an der Station „Torino Porta Nuova“, mitten im Herzen der Stadt. Dort tauchen wir direkt in den „Salone Auto Torino“, einem Open-Air-Event der besonderen italienischen Art, ein. Wir schlängeln uns zwischen den Ständen zahlreicher namhafter Autohersteller hindurch; bewundern die neuesten Kfz-Modelle und - noch interessanter - zahlreiche Oldtimer und beeindruckende Rennwagen früherer Jahrzehnte. Am ehemaligen Palast des Königs von Savoyen, dem „Palazzo Reale“ an der Piazza Castello, startet ein Corso getunter Boliden mit aufheulenden Motoren durch die Stadt.
Auf dem Rückweg aus der Altstadt zum Bahnhof kommen wir an der „Cioccolateria Giordano“ vorbei. Zeit für eine Caffè und ein Stück hausgemachte Schokolade - lecker!
Sacra di San Michele - Val di Susa
Eingebettet im “Parco naturale Laghi di Avigliana”, einem Naturpark nahe Turin, erstrecken sich die die beiden Seen Lago Grande und Lago Piccolo. Meine 600er Silver Wing schnurrt über den schmalen Damm, welche die tiefblauen Gewässer trennt. Das Teerband zieht sich erst breit, dann zunehmend schmaler werdend, die Flanken der Hügel hinauf. Weit schweift der Blick über das Tal, dann verschluckt uns dichter Eichenwald. Die SP188 windet sich in einer Schleife u-förmig entlang des „Monte Ciabergia“ (1.178 m) und überquert dabei die Passhöhe des „Colle Braida“ (1.007 m). Kurz hinter dem Sattel stoßen wir auf den
Höhepunkt unserer Tour, die „Sacra di San Michele“. Die ehemalige Benediktinerabtei thront weithin sichtbar auf dem 992 m hohen Felssporn des „Monte Pirchiriano“. Das burgartige Kloster erinnert dabei an den Monte-Saint-Michel in der Normandie. Bestärkt wird dieser Eindruck während der Auffahrt, wo sich immer wieder grandiose Aussichten auf das von den Grajischen Alpen im Nordosten und von den Cottischen Alpen im Südwesten umgebene Susa-Tal ergeben. Wenige 100 m vor der Abtei stellen wir unsere Siwi auf einem kleinen Parkplatz ab; im Gegensatz zu einigen Autofahrern haben wir keine Parkplatzprobleme. Mit unseren Motorradstiefeln sind wir für den weiteren Aufstieg durch den Wald gut gerüstet und schon bald erheben sich die mächtigen Mauern des mittelalterlichen Bauwerks vor uns dem Himmel entgegen. 98 steinerne, teilweise stark ausgetretene, Stufen führen uns vor das Tor der Hauptkirche. Angesichts der Menschenmenge davor verzichten wir jedoch schweren Herzens auf eine (kostenpflichtige) Besichtigung und genießen lieber auf der Terrasse eines kleinen Cafes den ersten Espresso des Tages. Übrigens, habe ich schon das prächtige Panorama von hier oben erwähnt? Unbeschreiblich!
Die „Strada Provinciale“ führt uns nun in einem Rundkurs wieder hinab ins „Val di Susa“, welches auf Grund der vielen Kirchen und Klöster auch den Beinamen „Tal der Klöster“ trägt.
In Avigliana biegen wir auf die Staatsstrasse SS 25 nach Westen ab. Meine Silver Wing ist ganz in ihrem Element. Entspannt gleiten wir nach Susa, ein Städtchen, welches dem Tal einst seinen Namen gab. Der Ort am Fuße des „Col du Mont Cenis“ (2.081 m) wird vom Bergmassiv des „Rocciamelone“ (3.538 m) überragt. Da Susa einst für die Römer ein wichtiger Grenzort war verwundert es uns bei einem kleinen Stadtrundgang nicht, dass wir an fast jeder Ecke auf historische Sehenswürdigkeiten stoßen. Amphitheater, Augustusbogen, Aquädukt, Stadtbefestigung, Schloss…und…und…das Eis im „Caffè del Sole“ an der Piazza Novembre ;-).
Gegensätze: Der Colle del Lys und barocke Pracht
Sehr gut und breit ausgebaut führt uns die Via Avigliana nordwärts. Für mich die Gelegenheit, etwas am Gasgriff zu spielen, bis mich die beste Sozia der Welt freundlich aber bestimmt darauf hinweist, dass ein Knöllchen in Italien deutlich mehr als ein Mittagessen kostet (Spielverderberin ;-). In der Ferne erhebt sich der „Monte Musinè“ (1.150 m). Hinter dem Örtchen Rubiana verengt sich die SP 197 und wird zu einer schmalen Landstrasse. Es gibt nun

reichlich Kurven und (fast) keinen Autoverkehr; das soll ja bekanntlich auch Spaß machen. Durch für diese Gegend typische Buchen- und Kastanienwälder erreichen wir die Passhöhe des „Colle del Lys“ (1.311 m), welcher den Ort Rubiana im Val di Susa mit dem Ort Viù im Val di Viù verbindet. Der Pass lässt sich gut in eine Rundtour einbinden, was allerdings auch zahlreiche Radrennfahrer zu schätzen wissen. Von der Passhöhe ergeben sich weite Ausblicke über die umliegenden Wälder und vor uns erheben sich zwei der größten Gipfel der italienischen Westalpen: im Norden der „Gran Paradiso“ (4.061 m) und im Südwesten der „Monte Viso“ (3.841 m).
Wir genießen im Refugio Colle del Lys noch einen Cappuchino - wir sind schließlich nicht auf der Flucht - dann erwacht der Motor der Siwi zu neuem Leben und wir wedeln ins Val di Viù hinab.
Entlang des Flusses „Stura di Lanzo“ leitet uns das Asphaltband nun südwärts. In der Kleinstadt „Venaria Reale“ machen wir noch einen Zwischenstopp. Der Ort ist als ehemalige Residenz des Hauses Savoyen

berühmt. In der Altstadt, dem „Borgo Antico“ stärken wir uns in einer kleinen Osteria an der Piazza Annunziata erst einmal mit einem landestypischen Gericht - Pasta mit Kaninchen - und beobachten das lebhafte Treiben vor uns. Es braucht nicht viel, um den Tag genießen zu können (außer vielleicht noch ein Eis ;-).
Wenn euch der kleine Reisebericht gefallen hat findet ihr weitere Bildergalerien und GPX-Daten auf meiner Homepage >>>
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