Haftungsrisiken bei Gruppenfahren Fahren Motorradfahrer einvernehmlich auf der Landstraße in wechselnder Reihenfolge als Gruppe ohne Einhaltung des Sicherheitsabstandes, führt dies zu einem Haftungsausschluss im Hinblick auf diesen Umstand. Kollidiert der dritte Fahrer mit dem zweiten, nachdem der erste einen Unfall verursacht hat und beide nicht mehr ausreichend bremsen können, hat der zweite gegen den dritten keine Ansprüche aus §§ 7, 17 StVG. Dies hat das OLG Frankfurt am Main, Az: 22 U 39/14 am 18.08.2015 entschieden. In diesem Fall hat der Kläger behauptet, er habe aufgrund der Kollision des vor ihm fahrenden Zeugen sein Motorrad abbremsen müssen. Er habe sein Motorrad noch rechtzeitig zum Stehen bringen können, als der Beklagte mit seinem Motorrad unvermittelt auf das Heck des Motorrads aufgeprallt und ihn mit sich geschleppt habe. Der Beklagte zu habe den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht eingehalten. Der Sachverhalt war vor Gericht nicht vollständig aufklärbar, jedoch war dies für das Gericht auch nicht entscheidend. Vielmehr war für das Gericht die abgesprochene Gruppenfahrt entscheidend. Angesichts dieser Situation geht das Gericht davon aus, dass alle Beteiligten in der Gruppe einvernehmlich ein besonderes Risiko eingegangen sind, um das entsprechende Gruppenfahrgefühl zu erreichen. Jedem der Gruppe hätte die gleiche Situation passieren können wie dem Kläger. Link zum Quellentext
Interessante Motorrad-Urteile
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meridian -
15. Oktober 2015 um 20:44
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Ich hoffe, daß das Urteil nicht rechtskräftig wird. Das wäre das Ende von gemeinsamen Ausfahrten in einer Gruppe!!! Der Richter scheint etwas gegen Motorradfahrer zu haben. Wenn ich in einer Gruppe fahre, bin ich doch nicht automatisch damit einverstanden, das alle Haftungsansprüche anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen sind. Wie soll man sich zukünftig verhalten? Muß ich mir jetzt vor Fahrtantritt von allen Teilnehmern eine Unterschrift holen, damit sie Informiert sind, das man nicht automatisch auf Schadenersatzansprüche verzichtet wenn man mitfährt? Ich bin der Meinung, das jeder der in einer Gruppe mitfährt für sich und sein Fahrzeug verantwortlich ist. Und wenn es im o.g. Fall zu einem Auffahrunfall kommt, weil der Auffahrende nicht mehr zum stehen kam weil er einen zu geringen Abstand hatte, dann ist für mich der Auffahrende schuld. Das ist wieder einmal ein Urteil gegen Motorradfahrer, wie schon mal ein älteres, das Schmerzensgeld ausschloß, nur weil für Motorradfahrer ein höheres Verletzungsrisiko besteht und man dieses eingeht weil man Motorrad fährt. Warum schließt das Gericht nicht alle Haftungsansprüche aller Verkehrsteilnehmer aus, sie gehen ja alle bewußt das Risiko ein, im Verkehr verletzt zu werden.
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Generell einer Gruppe zu unterstellen, daß der erforderliche Sicherheitsabstand nicht eingehalten wird, ist genauso ein Schwachsinn, wie die Aussage "Alle Moppedfahrer rasen". Ich kenne aber beide Varianten der Gruppenfahrten. Diejenigen, die mehr Abstand zur eigenen Reaktion halten und auch diejenigen, die gut aufeinander eingespielt sind und immer weniger Abstand zum Vordermann halten. Was kann man selbst tun? Lediglich selbst seinen Abstand halten und den Hintermann bitten, ihn auch einzuhalten. Tut er dies nicht, muß man entsprechend entscheiden, einen anderen Platz einzunemen oder nicht in dieser Gruppe zu fahren. Es geht ja prinzipiell nicht um das fahrerische Können, sondern um Reaktionswege und den damit verbundenen Zeiten, die nun mal existieren und benötigt werden. Ganz persönlich fühle ich mich nicht sehr wohl, wenn mir jemand so am Arsch klebt, daß er gar nicht mehr reagieren kann, wenn etwas Unverhofftes passiert. Deswegen fahre ich am liebsten am Ende der Gruppe und habe meinen persönlichen Wohlfühl-Abstand zum Vordermann; entsprechend zu Tempo natürlich.
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Hier gibt's die ganze Situation nachzulesen: (Quelle: versicherungsjournal.de http://www.versicherungsjournal.de/markt-und-poli…lgen-123442.php ) Eine Motorrad-Tour im Pulk und ihre haftungsrechtlichen Folgen 16.9.2015 – Fahren Motorradfahrer ohne Einhaltung des üblichen Sicherheitsabstandes als Gruppe einvernehmlich auf einer Landstraße, so ist im Fall eines Unfalls von einem stillschweigenden Haftungsausschluss auszugehen. Das hat der 22. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Frankfurt mit Urteil vom 18. August 2015 entschieden (22 U 39/14). Der Kläger hatte sich zusammen mit drei Freunden zu einem Motorradausflug verabredet. Man fuhr als Gruppe in wechselnder Reihenfolge auf einer Landstraße, ohne dabei den erforderlichen Sicherheitsabstand einzuhalten. Ungeklärte Situation Als der Erste der Gruppe in einer Kurve mit einem entgegenkommenden Auto kollidierte, kam auch der hinter ihm fahrende Kläger zu Fall. Der unmittelbar hinter ihm befindliche Beklagte konnte ebenfalls keinen Sturz verhindern und rutschte in das Kraftrad des Klägers. Nur dem Letzten der Gruppe gelang es um Haaresbreite, zwischen den rutschenden und liegenden Motorrädern hindurchzufahren, ohne selbst zu Schaden zu kommen. Der Kläger wurde bei dem Unfall erheblich verletzt. Sein Motorrad erlitt einen Totalschaden. Dafür machte er in erster Linie den hinter ihm fahrenden Beklagten verantwortlich. Denn dieser sei wegen eines zu geringen Sicherheitsabstands auf das Heck seines Motorrads aufgeprallt. Das in erster Instanz mit dem Fall befasste Landgericht Darmstadt kam nach Befragung eines Sachverständigen zu dem Ergebnis, dass nicht mit ausreichender Sicherheit festzustellen sei, dass der Beklagte tatsächlich gegen das Motorrad des Klägers gestoßen sei und diesen zu Fall gebracht habe. Es könne nämlich ebenso gut sein, dass die Beschädigungen an dem Bike durch eine Kollision während einer Rutschphase mit den Fahrbahnbegrenzungen verursacht wurden. Das Gericht wies daher die Schadenersatz- und Schmerzensgeld-Forderungen des Klägers als unbegründet zurück. Stillschweigender Haftungsverzicht Damit wollte sich der Kläger jedoch nicht abfinden. Er legte daher Berufung beim Frankfurter Oberlandesgericht ein. Dort erlitt er ebenfalls eine Niederlage. Nach Ansicht der Frankfurter Richter ist es unerheblich, ob der Beklagte tatsächlich in das Heck des klägerischen Motorrads gefahren ist. Denn aufgrund der Gesamtsituation sei von einem stillschweigend vereinbarten Haftungsverzicht auszugehen, der sowohl eine Gefährdungshaftung, als auch eine Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausschließe. Das Gericht zeigte sich nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass die Beteiligten des Motorradausflugs den erforderlichen Sicherheitsabstand einvernehmlich nicht eingehalten hatten. Denn bei einer Geschwindigkeit von zum Unfallzeitpunkt 60 km/h hätte der Anhalteweg bei bester Bremssituation 29 Meter betragen. Der Abstand der Motorräder untereinander betrug nach der Aussage eines Zeugen jedoch allenfalls fünf Meter. Bewusste gemeinsame Regelverletzung Das betraf nach den Feststellungen des Sachverständigen auch den Kläger, der nach Aussage des Gutachters unmöglich dazu in der Lage gewesen sein kann, sein Motorrad rechtzeitig vollständig hinter seinem vor ihm mit dem Auto kollidierenden Freund abzubremsen. „Für den Senat stellt sich damit das durchaus im Straßenverkehr vertraute Bild dar, dass Motorradfahrer in einer Gruppe fahren, bei der alle den erforderlichen Sicherheitsabstand nicht einhalten und die Reihenfolge je nach Verkehrssituation und anderen Umständen wechseln kann“, so das Gericht. Angesichts dieser Umstände gingen die Richter davon aus, dass alle an der Gruppe beteiligten Motorradfahrer einvernehmlich und bewusst ein besonderes Risiko eingegangen sind, um das entsprechende Fahrgefühl zu erreichen mit dem Ergebnis, dass jeden der Gruppe das gleiche Schicksal hätte ereilen können wie den Kläger. Es ist folglich von einer stillschweigenden Vereinbarung der Beteiligten hinsichtlich einer gemeinsamen Regelverletzung, nämlich die Nichteinhaltung des in der Straßenverkehrsordnung vorgeschriebenen Sicherheitsabstandes, auszugehen. Daher sind gegenseitige Haftungsansprüche auszuschließen mit der Folge, dass der Kläger leer ausgeht. Das Gericht sah keine Veranlassung, eine Revision zum Bundesgerichtshof zuzulassen. Von: Wolfgang A. Leidigkeit
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... jaja, erst "einvernehmliche" Gruppenfahrt, und dann ab vorn Kadi!
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474343 wenn es darauf (wechselnder Reihenfolge) ankommt, sind doch alle fein raus die sich nicht gegenseitig überholen.. oder? B-) lg Uwe
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474350 Auf diesen Satz kommt es an. Es war dem Gericht egal ob und wie der Unfall passiert ist. In der Gruppe gefahren, laut Zeugen (da ja Motorradfahrer immer zu schnell sind und/ oder zu dicht auffahren) zu dicht aufgefahren und schon hat die ganze Gruppe automatisch einen Haftungsverzicht erwirkt. Das kann es doch nicht sein.
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@julius: Es geht ja nicht darum dem Kumpel die Schuld zuzuweisen, sondern darum dessen Versicherung den Schaden zahlen zu lassen. Und da führt kein Weg am Kadi vorbei. <span style="line-height: 1.5;"> </span> <span style="line-height: 1.5;">Ein ähnliches Urteil gab es auch mal zu Autokorsos, ist also nicht speziell gegen Motorradfahrer. In diesem Fall waren das Freunde die sich zusammengefunden haben. Man hat sich seine Mitfahrer also ausgesucht. Die Frage ist was bei öffentlich organisierten Korsos ist, da hat man sich den Hintermann nicht ausgesucht. Wenn der dann zu dicht auffährt oder pennt, da kann der Vordermann ja nicht dafür.</span>
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474343 Ich führe schon seit langer Zeit Gruppenfahrten durch und auf Grund der Grundregeln wie: -Abstand, seitlich versetzt fahren, den Hintermann im Spiegel beobachten und natürlich angemessene Geschwindigkeit habe ich bei meinen Fahrten noch nie einen Unfall gehabt. Also, ist letztlich jeder Biker verantwortlich :good:
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474365 Deine Sorglosigkeit solltest Du nach diesem Urteil noch mal überdenken. Nach dem Urteil braucht keine Versicherung mehr etwas zu zahlen, wenn innerhalb der Gruppe ein Unfall passiert. Und es ist auch total egal, ob Du als Geschädigter alles richtig gemacht hast. Wenn Du in einer Gruppe fährst, verzichtest Du, nach diesem Urteil, zukünftig auf Schadenersatz. 474365 Hatte ich bis vor zwei Jahren auch nicht. Das es bei Dir auch zukünftig unfallfrei bleibt ist keine Garantie. Ein Unfall kann schneller kommen als Du erwartest und da brauchen noch nicht einmal Du oder die Mitfahrer Schuld haben.
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