Als Jugendlicher interessiere ich mich sehr für die Drossel. Weniger für den gefiederten Freund, dafür stark für das ominöse Bauteil, welches mein Mofa auf spaßarme 25 km/h begrenzt. Doch wo sitzt das und wie sieht das aus? Nach langem inneren Ringen investiere ich happige 15 DM in eine „Frisieranleitung“, welche sich als viel weißes Papier mit wenig gedruckten und noch weniger sachdienlichen Hinweisen entpuppt. Jemand versteht trefflich, wie man Schüler um ihr karges Taschengeld erleichtert. Immerhin reift die Erkenntnis, dass zwischen Auspuff und Zylinder eine Welle hin und her schwappt, und sich hier wahrscheinlich die böse Drossel verbirgt. Die kräftigere deutsche Konkurrenz besitzt (hässliche) Tüten im old-school Design: lang, verchromt, mit Diffusor und Gegenkonus versehen. Relativ sicher bin ich mir, dass der Oberflächenglanz nicht den Unterschied ausmacht. Also Vaters Handbohrmaschine gegriffen und mutig ein Loch in den Auspuff gebohrt. Der Klang ist deutlich knalliger, ein Geschwindigkeitszuwachs stellt sich aber nicht ein. Dann sitzt die Drossel wohl weiter hinten. Loch mit einer Blechschraube verschlossen und ein neues gebohrt. Am Ende sieht der Auspuff … äh, sehr individuell aus, aber schneller wird das Ding nicht.
Vielleicht am falschen Ende gesucht? Ohne Luftfilter - kaum Unterschied- , „Vergaser aufbohren“ wird mit wissendem Augenaufschlag gehandelt, aber erstens fehlt mir der Bohrer und zweitens überwiegt die Skepsis. So führt mich eine Mofa-Tour über die Grenze, um mit Französisch der Qualität „ausreichend“ einen passenden Dell’Orto zu erwerben. 15 DM für einen Sprung von 10 auf 12 mm, immerhin 40 % mehr Durchsatz, theoretisch. Praktisches Ergebnis: minimal schneller, aber im Anzug eine Katastrophe. Haben die italienischen und französischen Exemplare etwa andere Zylinder mit anderen Steuerzeiten? Oder andere Kurbelwellen für den Drehschiebereinlass? Hat der Hersteller denn gar kein Herz?
Ich überspringe ein paar Monate. Die Karre nähert sich mit infernalischen Sound der Anzeige vom 60 (optimistischer Fahrrad-Tacho), als sie heftig zu vibrieren beginnt und mit einem äußerst hässlichen Geräusch den Vortrieb verliert: Kurbelwellen-Bruch! Ich baue schnell unter Einsatz eines geliehenen Auspuffs alles zurück, um meinem Vater treuherzig zu beteuern, dies sei einfach so passiert … Glauben schenkt er mir nicht, tritt aber so überzeugend beim Händler auf, dass der Reparaturpreis noch im Rahmen bleibt. Die kaputte Kurbelwelle bekomme ich als Dreingabe und mache mir lange Gedanken, ehe sie eines Tages auf den Müll wandert. Nein, Wertstoff gab's damals noch nicht.
Warum ich das nun schreibe? Schlappe 50 Jahre später erinnere ich mich wieder des Themas und finde bei youtube tatsächlich den entscheidenden Hinweis - schließlich doch richtig vermutet! Manche Dinge beschäftigen einen eben etwas länger ...